Februar 2021
Das Jahr begann mit einer Kältewelle. Bis zu minus 20 Grad wurden angekündigt, und so entschlossen wir uns, diese Zeit auf jeden Fall an Bord zu verbringen, Heizöl nachzutanken und darauf zu achten, dass weder Strom noch Heizung ausfallen würden.
Die Schlittschuhläufer im Hafen hatten einen Riesenspaß.
Der Aufenthalt an Bord in dieser eisigen Zeit erwies sich als warm und komfortabel. So waren wir nun sicher, auch härtere Winter gut auf der Tara verbringen zu können. Allerdings hatten wir Druckverlust in der Heizung. So beschlossen wir, im Sommer bevor wir endgültig ablegen würden, den 17 Jahre alten Brenner gegen einen neuen, effizienteren austauschen lassen.
Wir vertrieben uns die Zeit mit langen Spaziergängen, lesen, Musik hören und fotografieren. Alle Restaurants waren geschlossen. So verbrachten wir die Abende an Bord und genossen die Ruhe.
Ab Mitte Februar hatten wir frostfreies Wetter mit Temperaturen um 7 Grad tagsüber. Die heftigste Kälte war überstanden.
März /April 2021
Als nächstes Vorhaben stand die Beschäftigung mit unserem Kran an. Die Fa. Dirksen aus Emden kam, um ein neues Stahlseil in den Kran einzuziehen.
Die Firma Hakens aus Weener wurde mit der Erneuerung des Fußbodens in der Bugkabine und im Bad beauftragt.
Die Sitzmöbel im Salon wurden ausgetauscht und die Gästebetten in der Bugkabine ausgebaut.
Mai 2021
Die „heiße Phase“ des Umzugs begann. Vieles musste nun organisiert werden. Der Aufbau der Blechhütten auf dem Heuboden in Ehrsten, wo wir Dinge staubgeschützt einlagern wollten, die wir nach unserem Leben an Bord noch brauchen würden. Viele Fragen galt es zu beantworten. Was wollten wir endgültig weggeben? Was würden wir an Bord noch haben wollen? Was wollten wir auf jeden Fall behalten? Die Zeit lief uns allmählich davon. Am 1. Juni sollte die Schlüsselübergabe für unser Haus erfolgen.
Unsere Bibliothek mit ca. 7000 Bänden reduzierten wir auf ca. 3000 Bücher, von denen wir uns nicht trennen konnten.
Unsere Kunstsammlung mit Bildern und Skulpturen wollten wir natürlich einlagern.
Juni 2021
Im Juni erfolgte unser endgültiger Einzug an Bord. Die Auflösung unseres Hauses hatte sich als ein echter Kraftakt erwiesen, von dem wir uns in Weener erstmal erholen mussten.
Unsere größte Sorge beim Umzug galt unserer Katze Greta. Wie würde die alte Dame den Wechsel der Umgebung verkraften? Was muteten wir ihr zu? Wir holten sie aus einem herrlichen Garten und einem schönen großen Haus an Bord eines Schiffes. Katzen und Wasser? Würde das gut gehen?
Nach einer anstrengenden Autofahrt von Gudensberg nach Weener, während der sie drei Stunden laut protestierte, war es endlich so weit.
Uns fiel ein Stein vom Herzen, als wir merkten, dass sich Greta überaus schnell anpasste und einlebte. Sie erkundete erst das Schiff und am nächsten Tag bereits die nähere Umgebung im Hafen.
Wie sich zeigen sollte, hatte sie auch während der Fahrt keine Angst. Das Motorengeräusch erschreckt sie nicht, und an jedem neuen Liegeplatz warten neue Abenteuer. Das Leben als Schiffskatze gefällt ihr. Das kann man ganz deutlich beobachten.
Sie genießt es ganz offensichtlich, wie wir, auf ihre alten Tage noch einmal Spannendes zu erleben.
Im Juni bestellten wir auch unsere neue Energiezentrale: 12 Batterien. Man sagte uns 6 Wochen Lieferzeit zu. Dass daraus ein erheblich längerer Zeitraum werden würde, wussten wir zu dieser Zeit noch nicht.
Zunächst fuhren wir auf eine Werft nach Delfzijl für den Einbau der neuen Heizung.
Alles ging glatt, und so kehrten wir mit unserer nagelneuen Heizung zurück nach Weener. Wir warteten auf unsere Batterien. Warteten und warteten und warteten….
Juli 2021
Wieder unternahmen wir viele schöne Ausflüge in Ostfriesland und nach Holland.
Lütetsburg ist ein wunderschöner englischer Landschaftsgarten in Privatbesitz.
Bourtange ist eine interessante bewohnte ehemalige Festung in den Niederlanden. Sie ist eine der wenigen Festungen in Europa, die nach fast vollständigem Verfall in den letzten Jahrzehnten wieder aufgebaut wurde. Im Jahre 1593 wurde sie fertiggestellt und im Verlauf des Dreißigjährigen Krieges immer wieder verändert.
Heute ist die Festung eine touristische Attraktion. Hier kann man eine Synagoge aus dem Jahr 1842 besichtigen. Neben einem Informationszentrum, diversen Museen, Restaurants und Cafés gibt es dort auch ein Hotel.
Papenburg ist wohl insbesondere durch die Meyerwerft bekannt. Freitags findet um den Hauptkanal herum immer ein stimmungsvoller Wochenmarkt statt, den wir stets gern besuchten.
August 2021
Catharina und Hilmar Bockhacker veranstalteten „Qunst im Qstall“ auf ihrem wunderschönen Gulfhof in Ferstenborgum bei Weener. Viele Künstler waren eingeladen und stellten ihre Werke aus. Die große Scheune wurde stimmungsvoll beleuchtet, und die Band „Umbrella Sky“ sorgte für musikalische Unterhaltung. Wir genossen eine wunderbare Zeit dort.
Weiterhin warteten wir auf unsere neuen Batterien, die wir eigentlich einbauen wollten, bevor wir uns auf den Weg nach Potsdam für den Winter machten. Schließlich stellte sich heraus, dass der LKW, der die Batterien von ihrem Produktionsort in Griechenland nach Deutschland bringen sollte, in Rumänien „verschollen“ war…
Das Organeum Weener ist ein äußerst sehenswertes Ort. In einer prunkvollen Villa aus dem 19. Jahrhundert befindet sich eine bedeutende Sammlung historischer Tasteninstrumente. Drei Dutzend klingende Exponate, Hausorgeln, Orgelmodelle, Cembali, Clavichorde und Hammerklaviere eröffnen ein Spektrum von der Renaissance bis zur Spätromantik. Es empfiehlt sich, das Organeum mittwochs um 15.00 Uhr zu besuchen und sich einer Führung anzuschließen, wenn viele Instrumente zum Klingen gebracht werden.
September 2021
Der Sommer ging allmählich zur Neige, und noch immer waren unsere Batterien nicht an Bord. Wir hatten nun aber allmählich Reisefieber, wollten wir doch endlich auf Fahrt gehen, obgleich es uns in Ostfriesland gut gefiel und wir inzwischen fast schon richtige Weeneraner geworden waren.
Nun hieß es Abschied nehmen von vielen Menschen, die uns lieb geworden waren.
Das Wetter war noch sommerlich und die Aussichten ebenfalls gut. Wir entschlossen uns also, am 14. September endgültig abzulegen und uns die Batterien unterwegs an den Mittellandkanal oder aber spätestens nach Potsdam liefern zu lassen. Das sollte sich als die richtige Entscheidung herausstellen.
Die erste Nacht auf unserem Weg nach Potsdam verbrachten wir hinter der Schleuse Herbrum, der letzten tidenabhängigen Schleuse. Von nun an konnten wir ohne den Einfluss der Gezeiten planen.
Der nächste Tag führte uns nach Haren, wo wir einen der wenigen Yachthäfen auf unserem Törn anfuhren.
Man erwartete uns schon, da wir uns im Hinblick auf die Länge unseres Schiffes bereits vor einigen Tagen angemeldet hatten.
Tags darauf fuhren wir nach Lingen, wo wir unseren alten Freund Rudi Schinnerl trafen und mit ihm mal wieder einen lustigen Abend verbrachten. Der alte Hafen Lingen hat zwar keinerlei Einrichtungen, aber die brauchen wir mit der gut ausgerüsteten Tara auch nicht. Dafür liegt man dort ruhig und kostenlos.
Für die Schleuse Rodde und die Schleuse Bevergen benötigten wir insgesamt 6 Stunden Wartezeit! Immer wieder kamen Berufsschiffe und Kreuzfahrtschiffe, die stets Vorrang haben. Da heißt es: Gelassen bleiben. Zeit haben wir mehr als genug…
Schließlich bogen wir in den Mittellandkanal ein und verbrachten eine Nacht im Stichkanal von Ibbenbüren. Ein schöner, ruhiger Liegeplatz in der Natur mit Haubentauchern und Kormoranen.
Der nächste Stopp würde in Bramsche sein, wohin wir uns die Schiffbatterien bestellt hatten. Außerdem wollten wir dort zwei Ruhetage einlegen und das Tuchmachermuseum besuchen.
Im Tuchmachermuseum werden noch immer auf über 100 Jahre alten Maschinen Wolldecken hergestellt. Wir hatten das Glück, die Tuchfabrik im Rahmen einer privaten Führung zu besuchen. Viele der Maschinen ließ man für uns laufen, was uns natürlich besonders freute. Ein lebendiges Museum also, in dem immer noch produziert wird.
Der Wettergott sollte uns weiterhin wohlgesonnen bleiben. Über Bad Essen erreichten wir Minden und überquerten hier die Weser.
Oktober 2021
Auch in Hannover wollten wir einige Tage verbringen. Unsere Freunde Britta und Jürgen kamen an Bord. Außerdem würde es eine gute Gelegenheit sein, einmal wieder die Herrenhäuser Gärten zu besuchen.
Einen Besuch in den Herrenhäuser Gärten sollte man spätestens im September planen, da zu diesem Zeitpunkt bereits die Bepflanzung, obgleich noch prächtig blühend, abgeräumt wird.
Unsere nächste Station sollte Wolfsburg sein, wo Sigi und Dorothee an Bord kamen. Wir fanden einen exklusiven und sehr zentralen Liegeplatz direkt gegenüber der Autostadt.
Ein Besuch der Autostadt Wolfsburg lohnt sich, schon allein wegen der vielen alten „Schätzchen“, die dort zu bewundern sind. Von der „Tin Lizzy“ bis zum Jaguar E ist alles zu sehen.
Schon gewusst? Das meist verkaufte Produkt von Volkswagen ist kein Auto, sondern die VW-Currywurst.
In Magdeburg ist natürlich der berühmte Dom als herausragende Sehenswürdigkeit zu nennen. Unser erster Besuch führte uns dorthin. Die Dimensionen dieses sakralen Bauwerks sind beeindruckend. Aber auch die vielen Details im Innern sind höchst interessant. 300 Jahre dauerte die Errichtung des neugotischen Bauwerks. Es wurde mit der Fertigstellung der Türme im Jahre 1520 vollendet.
Unsere letzte Station vor unserem Ziel Potsdam sollte Brandenburg an der Havel sein. Die Stadtmarina bot uns einen schönen Liegeplatz für drei Tage an, von dem aus wir die Stadt gut zu Fuß erkunden konnten. Susanne und Ole hatten uns von Ketzin aus bei strahlendem Sonnenschein über die Havelseen dorthin begleitet.
„Dann gingen wir ankerauf und segelten auf eine schöne Brücke zu, die Glienicker Brücke.“ (H.M. Doughty, Mit Butler und Bootsmann, 1890)
November 2021
Der November brachte noch viele sonnige Tage, so dass wir Potsdam und Umgebung ausgiebig genießen konnten.
„Wir kreuzten auf dem Tiefen See. Dann nahmen wir das Segel herunter, um am Ufer festzumachen. Obwohl wir dicht an einer Brücke lagen, hätten wir uns keinen besseren Liegeplatz wünschen können, ….still wie das Land mit schönem sauberen Wasser.“ (H.M. Doughty, Mit Butler und Bootsmann, 1890)
„A twist of moonlight on the quiet lake,
Whose small waves on the silver sanded shore
Whispered of peace“ (H.M. Doughty, Our Wherry in Wendish Lands)
Wir genossen den Winter mit vielen kulturellen Veranstaltungen. Musik, Theater und Museumsbesuche standen mehrmals wöchentlich auf dem Programm. Nach der langen Zeit der Pandemie waren wir regelrecht ausgehungert. Was für ein Genuss, in der Nähe von Berlin zu wohnen und gleichzeitig an so einem exklusiven Ort wie der Marina in Potsdam zu leben!
Dezember 2021
Das Jahr neigte sich mit großen Schritten dem Ende zu.
Die Weihnachtsfeiertage verbrachten wir bei unseren besten Freunden, Susanne und Ole, in der alten Heimat. Wie immer war das Gänseessen ein voller Erfolg mit vielen lieben Freunden.
Wir trafen viele alte Freunde, mit denen wir eine schöne Zeit verbrachten. Das wunderbare Winterwetter nutzten wir für Spaziergänge im Park von Schloss Wilhelmsthal und auf dem Dörnberg.
Ja, auch das Kasseler Umland hat viel Schönes zu bieten!
Wir verabredeten, den Jahreswechsel bei uns an Bord zu verbringen. Leider verhinderte dies mal wieder die Pandemie…
Wir verbrachten den Jahreswechsel zu zweit an Bord und ließen es uns gut gehen. Lange, intensive Gespräche, in denen wir das vergangene Jahr Revue passieren ließen, viel Musik und ausgezeichnetes Essen waren unser Silvesterprogramm. Was wollten wir mehr? Wir langweilen uns nie miteinander und finden es nach so langer Zeit der Partnerschaft immer noch interessant und spannend uns auszutauschen. Wir diskutieren engagiert und leidenschaftlich und sind dabei wirklich nicht immer einer Meinung. Aber natürlich seelenverwandt…Was für ein Glück, eine solch große Liebe zu leben!